Rösslwirtin Gudrun Peter: Kraftplatz nach Corona
Weisses Rössl am Wolfgangsee
Gudrun Peter führt das Hotel Weisses Rössl in St. Wolfgang im oberösterreichischen Salzkammergut. Mit uns spricht die Rösslwirtin über den neuen Hotel-Alltag, gemeinsame Momente mit der Familie und Pläne für die Zukunft.
Gudrun Peter freut sich schon wieder auf ihre Gäste im Weissen Rössl am Wolfgangsee.
A-LIST: Wie schaut dein neuer Alltag momentan aus?
Als Mutter von drei Teenager-Mädels bin ich aktuell zwischen der Einteilung der 65 Mitarbeiter in Kurzarbeit, Flächenberechnung von Dreiecken, Spanischvokabeln und Herausforderungen mit dem Pflichtpraktikum hin und her gerissen. Es zeigt sich deutlich, welche Schulen vorbereitet und bereits vor dem 1. März digital waren, und wo es Herausforderungen gibt.
Genauso geht es uns im Hotel. Wir haben auf Notbetrieb umgestellt. In jedem Büro arbeitet von Montag bis Freitag maximal ein Mitarbeiter. Home Office ist jedoch nichts Neues für mich, da wir im Betrieb wohnen und ich auch in manch anderen fordernden Zeiten kaum aus dem Haus komme.
A-LIST: Gibt es für dich persönlich, für deine Familie, auch gute Seiten am neuen Tagesablauf? Was hast du in den letzten Wochen gemacht, wozu du seit Jahren nicht gekommen bist?
Der neue Tagesablauf bringt mit sich, dass wir zwei bis drei Mal täglich gemeinsam essen können, was ich schön finde. Sonst sind entweder die Mädels mittags nicht da oder ich hab keine Zeit, gemeinsames Frühstück gibt's sonst kaum noch. Jetzt wurde die 10er-Pause zum Frühstück erklärt und das passt gut. So kann ich schon drei Stunden im Büro was weiterbringen. Die Abende verbringen wir gemeinsam mit Spielen. Zwischendurch ist Zeit, längst fällige Kästen auszumisten, umzuräumen und aus Kinderzimmer Jugendzimmer zu machen. Im Hotel kümmern wir uns um all die Dinge, die wir schon lange machen wollten, aber immer keine Zeit dazu hatten.
A-LIST: Welche Plätze in deiner Gegend geben dir momentan Kraft?
Der Wolfgangsee ist nicht nur in der jetzigen Zeit meine Kraftquelle.
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Arbeiten nach Corona
A-LIST: Nach dem ersten Schock - wie schätzt du die Lage in deiner Region und deinem Haus ein? Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Noch wissen wir nicht, wann und wie wir das Hotel und die Restaurants wieder öffnen dürfen. Ich gehe davon aus, dass es eine schwierige bis kaum vorhandene Sommersaison mit nahezu ausschließlich österreichischen Gästen werden wird. Wenn wir Glück haben, läuft bis zum Advent das Geschäft wieder an. Im Moment nutze ich die Zeit mit meinem Team, um neue Strukturen zu erarbeiten. Das ist jetzt DIE Chance dazu. Arbeiten nach Corona wird anders sein als pre-corona. Das Salzkammergut hat den Vorteil, dass es traditionell stark von österreichischen Gästen lebt.
Romantikhotel Weisses Rössl mit beheiztem Seebad.
A-LIST: Was unternimmst du in deinem Hotel, damit Gäste jetzt buchen oder umbuchen?
Der Kontakt mit unseren vielen Stammgästen ist jetzt besonders wichtig, wobei wir immer das Hauptaugenmerk auf die Gäste legen, die das Rössl schon kennen und schätzen. Die meisten freuen sich schon, wenn sie den Osterurlaub oder andere Anlässe im Sommer oder Herbst nachholen dürfen. Viele unsere Stammgäste kommen ohnehin mehrmals im Jahr.
Auf den letzten Newsletter habe ich eine derartig große Anzahl von Rückmeldungen bekommen, dass das Abarbeiten einige Tage in Anspruch genommen hat. Die Worte der Gäste geben Kraft, was gerade in Zeiten wie diesen unglaublich wichtig ist. Denn auf uns Unternehmer schaut keiner. Es ist selbstverständlich, dass wir funktionieren.
A-LIST: Was sind deine drei Forderungen an die Politik?
- Schafft Klarheit. Die Verunsicherung, wann es weiter geht, macht viele krank und ist Beschäftigungstherapie für uns Unternehmer. Wenn es heißt, am 13. Mai kann es weitergehen, dann können wir uns darauf einstellen. Aber von Pressekonferenz zu Pressekonferenz die Mitarbeiter jeweils um eine Woche oder zwei zu vertrösten, ist schwierig.
- Gestützte Kredite sind ein Anfang, doch kann es niemals das sein, was wir, die jetzt zwangsgeschlossen sind, brauchen. Die Schweiz hat für die Hotelerie ein sinnvolles Hilfspaket innerhalb kürzester Zeit auf die Beine gestellt, wo jetzt Bürokratie abgeschafft ist. Das wäre wünschenswert, damit die am härtesten getroffene Branche überleben kann.
- Eine gewisse Bereinigung wird stattfinden. Nicht alle Kranke oder vorgeschwächte Personen werden Corona überstehen. Nicht alle Betriebe werden überleben. Es gilt jetzt schon, in die Zukunft zu blicken, was Covid-19 für die Wirtschaft bedeutet. Die alte unternehmerische Frage: Was kommt danach?
Corona wird für Umdenken sorgen
A-LIST: Wie heißt dein Leitsatz in der Krise?
Der Leitsatz der Familie Peter war über viele, viele Generationen und Krisen: 1. Kümmere dich um deine Familie 2. Kümmere dich um deine Mitarbeiter 3. Kümmere dich um so viele Einheimische wie möglich So war es für uns immer selbstverständlich, dass wir möglichst einheimische Mitarbeiter beschäftigen, regional einkaufen und möglichst heimische Firmen mit Aufträgen beschäftigen. Die Qualität ist dabei immer das wichtigste, dann kommen Service und Leistung und dann erst der Preis.
A-LIST: Was sagt dein Bauchgefühlt: Wie wird Corona das Reisen generell verändern? Wird es langsamer oder schneller? Weiter oder näher?
Corona wird die Welt verändern und hoffentlich bei vielen für ein Umdenken sorgen. Ich bin überzeugt davon, dass das Rössl in den letzten Jahren und Jahrzehnten den richtigen Weg gegangen ist. So furchtbar diese Worte mittlerweile klingen, doch treffen genau diese zu: Nachhaltig, authentisch und solidarisch. Regional ist für uns wichtiger als bio. Nicht zeitgeistig sondern zeitgemäß. St. Wolfgang ist seit über 1.000 Jahren ein Kraftplatz, zu dem die Menschen pilgern. Das hat einen Grund und genau diese Gründe werden wieder wichtig werden. Spüren, fühlen – nicht esoterisch, sondern „wie in alten Zeiten“ mit offenen und geschärften Sinnen.
A-LIST: Was ist dein Best-Case-Szenario?
Best-Case-Szenario für mich würde bedeuten, wenn wir Hotelerie und Gastronomie mit 30.4. oder zumindest 8.5. vor dem Muttertag in kleiner Form aufsperren dürften. Vermutlich mit Beschränkungen, was die Personenanzahl und den Abstand betrifft. Das ist alles zu handeln. So könnten wir die Arbeitsplätze weiter sichern. Weil nach über zwei Monaten ist auch der letzte Teil des Hauses neu gestrichen, geputzt und aufpoliert.
A-LIST: Was sind die Dinge, die du nach der Krise unbedingt machen willst und wirst?
Wenn wir wieder im Normalbetrieb arbeiten können, freue ich mich einfach darauf, meinen Gästen wieder Freude zu machen. Mein Stück heile Welt St. Wolfgang Menschen näher bringen und für österreichische Gastfreundschaft sorgen. Das ist meine Herzensangelegenheit. Bis dahin sind die anderen Menschen – meine Familie und meine Mitarbeiter – die Menschen, um die ich mich kümmere und denen ich Sicherheit und Bedeutung gebe. Solange Grundbedürfnisse nicht befriedigt sind, macht alles andere keinen Sinn.
Weisses Rössl am Wolfgangsee