Blaue Gans Salzburg: Andi Gfrerer und die Achtsamkeit
Arthotel Blaue Gans
Meditation, Kunst, vegetarisches Essen und Sport als Möglichkeit, durch Corona mehr Klarheit ins eigene Leben zu bringen. Blaue Gans-Chef Andi Gfrerer über die Krise und ihre Auswirkungen auf sein Designhotel in Salzburg, das neue Reisen und die Rückkehr zur Normalität ab 2022 als Best-Case-Szenario.
Andi Gfrerer ist Hotelier und Kunst-Aficionado. c beigestellt
A-LIST: Wie schaut dein vorläufig neuer Alltag momentan aus?
Andi Gfrerer: Ich übe mich in Achtsamkeit und lasse dem Tag viele Pausen. Meditieren, Chi Gong, absichtslos dem Treiben der Tiere und dem Wachsen der Pflanzen im Garten zuschauen, kein Multi-Tasking, sondern im Hier und Jetzt sein; das ist zwar ein abgelutschter Begriff, aber jetzt ist die Zeit, in der ich das mehr und bewusster praktiziere als sonst.
Ich arbeite in meinem Büro im Hotel, da bin ich derzeit alleine, sehr alleine. Ich genieße es, Sport machen zu können. Und abends ist Zeit mit den Kindern für Spiele und Lesen etc., das genieße ich auch. Mein Tag ist sehr ausgefüllt, fad wird mir nicht.
Hier kommst du zur A-List-Geschichte über das Arthotel Blaue Gans.
A-LIST: Gibt es für dich persönlich, für deine Familie, auch gute Seiten am neuen Tagesablauf? Was hast du in den letzten Wochen gemacht, wozu du seit Jahren nicht gekommen bist?
Wir diskutieren viel mit den Kindern, was für sie Corona bedeutet. Sie wachsen ohnehin im Bewusstsein auf, dass wir achtsam mit der Umwelt und anderen Menschen umgehen sollen und ziehen ihre eigenen Schlüsse. (Wobei sie richtig sauer auf das Virus sind, dass sie ihre Freundinnen nur am Screen sehen können und auch die Geburtstagsparty verschoben ist.)
Wir haben unsere Ernährung stark in Richtung vegetarisch entwickelt, Fleisch gibt es nur zwei Mal pro Woche und es fehlt uns nicht, im Gegenteil. Ansonsten nutze ich die Zeit und die Ruhe für grundsätzliche Überlegungen: Wovon möchte ich mehr in meinem Leben haben, wofür möchte ich mich zur Verfügung stellen, aus welchen Kontexten sollte ich rausgehen? Welche Fertigkeiten und Handlungen werden mich dabei unterstützen, aus der Krise zu kommen, womöglich sogar gestärkt?
Innovation statt Pessimismus
A-LIST: Welche Plätze in deiner Gegend geben dir momentan Kraft?
Unser Garten, der auf Terrassen angelegt ist und von wo der Blick über die Stadt hinweg ins Gebirge geht. Diese Form des Weitblicks schätze ich derzeit sehr. Ungemein stärkend ist auch meine morgendliche Laufrunde an der Salzach-Au und durch die Hellbrunner-Allee.
A-LIST: Nach dem ersten Schock - wie schätzt du die Lage in deiner Region und deinem Haus ein? Welche Pläne gibt es für die Zukunft?
Wir werden wohl mehr als zwei Drittel unseres geplanten Jahresumsatzes verlieren und rechnen auch für das kommende Jahr mit einer ordentlichen Delle. Eventuell müssen wir einen noch längeren Zeitraum im Blick haben, bis wir wieder an die Erfolge der letzten Jahre anschließen können. Ich neige allerdings nicht zu Pessimismus, deshalb plane ich Renovierungsmaßnahmen, einen neuen Zimmertypus und neue Dienstleistungen. Auch den Außenauftritt denken wir neu. Und ich arbeite intensiv an einer Erweiterung des Kunstkonzepts, das gibt mir gerade richtig gute Energie. Vielleicht setzen wir alles in kleineren Schritten um, aber die Hände in den Schoß zu legen und zu warten, bis das Unglück noch größer wird, ist nicht meine Art des Umgangs mit schwierigen Situationen.
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Blaue Gans Salzburg: Andi Gfrerer und die Achtsamkeit
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A-LIST: Was unternimmst du in deinem Hotel, damit Gäste jetzt buchen oder umbuchen?
Die Zeit des Handelns kommt erst, wenn wir Genaueres wissen. Vor allem: Wann werden wir aufsperren dürfen und wollen? Es muss ja auch sinnvoll sein. Welche Märkte werden offen sein, was werden wir in der Destination anbieten können? Festspiele oder nicht? Derzeit halte ich mich still und plane, was ich planen kann. Den Blick nach innen finde ich gerade wichtiger und wertvoller als der Auftritt nach außen. Aufgeregtes Social Media-Getöne und dergleichen halte ich derzeit für nicht angebracht.
Das Hotel Blaue Gans ist ein Design- und Boutiquehotel mitten in Salzburg. c beigestellt
A-LIST: Was sind deine drei Forderungen an die Politik?
Dass von einem Rechtsanspruch auf Entschädigung nichts übrig blieb und Unternehmer zu Bittstellern bei der Wirtschaftskammer für Kredite und dergleichen gemacht wurden, ist beschämend. Die Angstrhetorik irritiert mich. Für meinen Geschmack wird zu wenig achtsam mit der Einschränkung von Freiheitsrechten umgegangen, „alternativlos“ ist im Leben ja gar nichts. Und wir sollten bald eine mittel- und langfristige Exit-Strategie haben, weil wir ja nicht andauernd ein Land auf- und zusperren (und einsperren) können. Wie viele Lockdowns wollen wir uns leisten, wie lange können wir die Grenzen dichthalten, bis wir unseren Tourismus rückstandslos abgewickelt haben werden?
A-LIST: Wie heißt dein Leitsatz in der Krise?
Grundlose Gelassenheit – loslassen – Möglichkeiten suchen – entscheiden – improvisieren.
Weniger Business-Trips und Fernreisen
A-LIST: Was sagt dein Bauchgefühlt: Wie wird Corona das Reisen generell verändern? Wird es langsamer oder schneller? Weiter oder näher?
Ich bin skeptisch, was derzeit viele zu wissen glauben: Dass wir zukünftig alles mit Videokonferenzen machen werden und daher Businesstrips mehr oder weniger obsolet sind. Dass wir viel weniger zu Veranstaltungen und Kongressen reisen oder keine Fernreisen (schon gar nicht!) mehr unternehmen werden. Kurzfristig werden wir starke Änderungen aufgrund von Verunsicherung sehen, aber langfristig wird sich das Reiseverhalten nicht über einen Kamm scheren lassen und von Segment zu Segment, von Herkunftsmarkt zu Herkunftsmarkt, von Destination zu Destination unterschiedlich sein. Neu ist, dass neben Umweltaspekten und Terrorangst nun eine gesundheitliche Sorge mitreist, zumindest bis wir sie aufgrund eines Impfstoffes vergessen haben werden.
Pflichtbesuch in Salzburg: das Restaurant Blaue Gans im historischen Gewölbekeller. c Ingo Pertramer
A-LIST: Was ist dein Best-Case-Szenario?
Rückkehr zur Normalität ab 2022.
A-LIST: Was sind die Dinge, die du nach der Krise unbedingt machen willst und wirst?
Das umsetzen, was ich mir jetzt gerade für mein Unternehmen und für meine persönliche Entwicklung ausdenke… Ich bemerke, dass Corona eine gewisse Radikalität mit sich bringt, die heilsam sein kann. Was will ich / was will ich nicht mehr? So kommt mehr Klarheit ins Leben. Wir werden vieles vermissen, Liebgewonnenes und Gewohntes; gleichzeitig wird es neue Räume für Entwicklung und Neugestaltung geben und das ist mein angestammtes Biotop!
Und sobald es geht werde ich nach Italien fahren und Meerluft atmen, ein Glas Prosecco in der Hand und gute Leute um mich.
Arthotel Blaue Gans
Getreidegasse 41-43
5020 Salzburg
+43 662 84249150
www.blauegans.at