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Insider Wien: Stadtschrift
Stadtschrift
Als "Stadtschrift" retten Birgit Ecker und Roland Hörmann historische Schriftzüge vor dem Verschwinden. Ab 25. September am fixen Standort in der Leopoldstadt zu sehen.
Den ersten Schriftzug holten Sie per Zufall aus einem Baustellencontainer am Wiener Brunnenmarkt. Wie gelangen Sie heute an Buchstaben und Fassadenschriften?
Wir sprechen mit Hausverwaltungen, Hauseigentümern und Nachmietern. Oft schicken uns Freunde Nachrichten, wenn sie wo eine gefährdete Beschriftung entdecken. Außerdem haben wir das Glück, Kooperationen mit Schilderfirmen wie Weinwurm oder Doneiser laufen zu haben, die tagtäglich abmontieren.
Die Buchstaben dienten zunächst als Dekoration für Ihre Wohnung. Wo finden Sie sonst Dekorationselemente oder Möbelstücke, die Ihnen am Herz liegen?
Im Bananas, phil (Gumpendorferstraße 10-12), in der Glasfabrik (Lorenz-Mandl-Gasse 25) oder am Naschmarkt-Flohmarkt. Wir stoßen aber auch durch unsere Stadtschrift-Aktivität bei Geschäftsräumungen und in Abrisshäusern immer wieder auf schöne Sachen, wie zuletzt in einer Gaststätte auf ein handgemaltes «Gefrorenes»-Schild aus den Fünfzigern.
Die von Ihnen geretteten Stadtschriften stammen häufig aus den 50er- bis 70er- Jahren, machten damals die moderne Stadtidentität aus. Was macht Wiens Stadtidentität 2014 aus?
Die Traditionsbetriebe sind mittlerweile so gut wie alle von globalen Ketten aus den großen Geschäftsstraßen verdrängt worden. Parallel dazu hat sich aber auf Grätzelbasis eine neue, junge Geschäftslandschaft gebildet, die den Charme Wiens weiterträgt. Wien ist heute nicht mehr Fiaker, Ringstraße und Autostadt, sondern schafft sich gerade mit akzentuell gesetzter, moderner Architektur und dem Ausbau des öffentlichen Verkehrs seine neue Identität als Metropole.
Die Faszination für historische Schriftbilder hat natürlich auch eine ästhetische Komponente. Wo kommt Wiens Ästhetik für Sie zum Vorschein?
Für uns ist die Ästhetik des Vergangenen faszinierend, wie sie vom Ensemble schöner Schriften an alten Geschäftsportalen ausgeht. In der Wiedner Hauptstraße, rund um die Eisenhandlung "Zur goldenen Kugel", sind einige solcher Ensembles aus den 40er- bis 60er-Jahren noch lückenlos vorhanden.
Das Projekt Stadtschrift ist eine Zeitreise ins alte Wien. Was ist neu in Wien, das Sie begeistert?
Im Dwh-Store in der Gumpendorfer Straße findet man coole Mode made in Vienna. Der Hafenjunge (Anm.: Lokal und Grafikagentur in Kombination) hat sich ein nettes Konzept überlegt und außerdem die Mühen auf sich genommen, ein Neon-Steckschild bewilligen zu lassen. Es gefällt uns auch, was sich in der Reindorfgasse im 15. Bezirk tut, seit Block44 aus Neubau dorthin übersiedelt sind. Bei toma tu tiempo in der Zieglergasse 44 gibt es den entspanntesten Tapas-Draußensitzer. Oder Open-Air-Burger im Burger de Ville (Lerchenfelder Straße 1-3).
Bleiben wir gleich bei Lokalen: Welche sind Klassiker, die Sie immer wieder gerne besuchen?
Das Gasthaus Quell (Reindorfgasse 19), Am Nordpol (Nordwestbahnstraße 17) oder Wratschko (Neustiftgasse 51) haben die umwerfendste Wiener Küche. Wenn es etwas zu feiern gibt, essen wir gern im il mare, Wiens authentischstem Italiener. Unsere wahren Klassiker sind Espresso (Burggasse 57), phil, Europa (Zollergasse 8) und Sapa (Lindengasse 35).
Im Treffpunkt Lerchenfeld war Stadtschrift Anfang des Jahres temporär zu Gast. Welche Ausstellungsräume und Galerien schätzen Sie privat?
Im West 46, dem Projektraum für Fotografie, gab es zuletzt einige gute Ausstellungen. Auch das Wien Museum (Karlsplatz 8) hat regelmäßig was für uns im Programm. Die Atmosphäre im Gefechtsturm Arenbergpark (Dannebergplatz) ist außergewöhnlich - also wenn man wieder mal die Chance auf einen Ausstellungsbesuch dort bekommt: nutzen!
Ab 25. September sieht man die Schriftzüge fix an einer Feuermauer in der Kleinen Sperlgasse in der Leopoldstadt, sie kehren also in den öffentlichen Raum zurück. Wo in Wien staunen Sie sonst über Kunst im Stadtbild?
An unmöglichen Orten über die versteckten Space Invader-Mosaike. Die Mutter all derer sitzt in der Street Art Passage Vienna. Oder über diese sauberen, kalligrafischen Tags, die uns an Hauseingängen im sechsten und siebenten Bezirk schon mehrmals untergekommen sind – der exakte Gegensatz zu Puber-Tags.
Street Art Passage, Museumsplatz 1, 1070 Wien
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