
Insider Wien: Falco Torini
Miranda Bar
Falco Torini ist Barkeeper der Miranda Bar. Im Sommer gewann er die "World Class Austria": das Österreich-Finale des härtesten Cocktail-Wettbewerbs der Welt.
Vor wenigen Wochen gewannen Sie die World Class Austria. Erzählen Sie uns von dieser Erfahrung?
Die World Class Austria zu gewinnen, war definitiv ein surreales Erlebnis, mit dem ich in keiner Form gerechnet habe. Das Feedback und die Unterstützung aus meinem Umfeld und weit darüber hinaus, die ich seither erfahren durfte, war überwältigend. Das bisherige Highlight war natürlich das Weltfinale in Miami mit 55 anderen Teilnehmern aus aller Welt und einer unvergleichlichen, familiären Atmosphäre. Österreich dort eine Woche lang zu vertreten, war zwar sehr fordernd und anstrengend, jedoch eine unvergessliche Erfahrung. Von frühmorgendlichen Vorbereitungs-Sessions in der Hotelküche, über innovative Auftritte und Ideen, bis hin zur Afterparty mit Snoop Dogg, grenzte das alles schon an eine positive Reizüberflutung.
Was ist Ihr Lieblingscocktail für Herbst/Winter, den wir auch in der Miranda Bar ausprobieren können?
Für mich persönlich bestelle ich in der Regel klassische Drinks ohne viel Schnickschnack. Im Winter geht es dann oft in Richtung Scotch oder American Whiskey. Einer meiner neuen Lieblinge ist da ein Klassiker, der "Chancellor", mit einem rauchigen Scotch, feinen Tawny Portwein, trockenem Wermut und Orange Bitters.
Welche Bar in Wien haben Sie zuletzt privat ausprobiert, die Sie uns weiterempfehlen können?
In Wien ist in den letzten Jahren so viel passiert, dass ich gar nicht weiß, welche Bar ich hier hervorheben möchte. Eine Bar, in die ich es leider viel zu selten schaffe, ist die Hammond Bar im zweiten Bezirk. Überhaupt bin ich viel zu selten im Zweiten. Sigi ist eine meiner liebsten Gastgeberinnen in Wien. Sie und ihr Team schaffen es immer wieder, dass ich statt auf einen Drink zum kurz "Hallo" sagen, nach mehreren Stunden und mehreren Drinks verwundert auf die Uhr schaue.
Sie arbeiten bis spät. Wohin geht's danach noch?
Aufgrund der persönlichen und geografischen Nähe zur Miranda Bar zieht es mich und meine Kollegen öfter ins Elektro Gönner auf der Mariahilferstraße. Soll es noch ein perfekter Cocktail sein, verschlägt es mich in die Tür 7 im Achten (Buchfeldgasse 7), und das nicht nur bedingt durch die längeren Öffnungszeiten. Ein Blick, zwei Worte und Gerry, Glenn oder Reini wissen in der Regel, was ich brauche. Man darf aber auch nie unterschätzen, wie oft Bartender einfach nur ein Bier und eine verrauchte Kneipe lieben. Das Stehbeisl (Windmühlgasse 6) wird da häufig zum Afterwork Treffpunkt der Bars in Mariahilf.
Wo in Wien schmeckt Ihnen das Kater-Frühstück?
Wenn ich einen Kater habe, dann bin ich wirklich außer Gefecht. Dementsprechend bin ich froh, dass ich nur aus der Tür in mein Stammcafé, dem Espresso in der Burggasse, fallen muss, um mich wieder aufpäppeln zu lassen. Ein doppelter Espresso, viel Wasser und ein orientalisches Frühstück mit ausreichend Brot helfen dann gegen das Schlimmste.
Welche Lokale in Wien schätzen Sie?
Das Le Troquet hat in mir, seit meinen ersten Wochen in Wien vor fünf Jahren, einen Stammgast gefunden. Ebenso die Eberts Bar (Gumpendorferstraße 51), die seit meinen ersten Schichten in einer Cocktailbar meine Anlaufstation für Inspiration, Fragen und Gespräche nach der Arbeit ist. Auch das Heuer am Karlsplatz (Treitlstraße 2) ist zu einem unausgesprochenen Treffpunkt für Bartender geworden. Irgendwen aus der Szene findet man dort immer.
Was ist das Besondere am Wiener Nachtleben?
Ich genieße es sehr, dass eine Bar-Tour in Wien nicht mit ewigen Wegen verbunden ist. Besonders die Bezirke 1, 6 und 9 bieten eine so hochqualitative und abwechslungsreiche Vielfalt an Bars, die man ohne Probleme zu Fuß erreichen kann. Das genießen auch die Gäste, die sich aufgrund des engen Zusammenhaltes der Szene ohne Probleme in jeder Bar Tipps für ihren nächsten Stopp holen können. Die Gäste in Wien werden immer offener für gehobene Barkultur. In der Miranda Bar konnten wir sehr schön beobachten, wie Nachbarn zuerst auf einen Spritzer kamen und nun Stammgäste geworden sind, die bei jedem Besuch nach neuen Kreationen fragen und das Phänomen Bar neu erleben.
Auch Drinks sind Trends unterworfen: Welche sind derzeit aktuell?
Welche Spirituose auf den Gin-Hype folgen wird, ist immer noch nicht ganz geklärt. Da kämpfen einige Kategorien um die Gunst der Gäste. Agaven-Spirituosen wie Tequila und Mezcal sind derzeit weiterhin die Lieblinge der Bartender. Auch American Whiskey oder Amari sagen viele den nächsten Ansturm nach. Es gibt außerdem einen klaren Trend zu leichteren Drinks auf Basis von Wermut oder anderen versetzten Weinen. Außerdem wird Nachhaltigkeit und das Bewusstsein für Saisonales und Regionales auch in einer Vielzahl von Bars zum wichtigen Pfeiler und konnte auch in Miami als eines der Hauptthemen der Präsentationen ausgemacht werden. Hier sieht man ganz klar, wie sehr sich Bartender zu Recht immer weiter an Köchen orientieren.
Welche drei Plätze zeigen Sie Freunden, die Sie in Wien besuchen kommen?
Ein Rundgang über den Ring und die Innere Stadt lässt sich eigentlich nie vermeiden. Macht gut was her und im Burggarten verschnaufen ist auch immer wieder fein. Darüber hinaus natürlich andere Klassiker wie das Museumsquartier oder der Donaukanal. Aber wirklich daheim fühle ich mich dann, wenn ich mit diesen Freunden die Esterhazygasse betrete. Ein "Ratsherrn"-Bier im Hafenjungen, Spinatschafskäseknödel im Finkh und einen "Painkiller" in der Miranda Bar. Dann haben Besucher eigentlich verstanden, warum ich Wien so liebe.
Wo in Wien entspannen Sie an einem freien Tag?
Im Idealfall verbringe ich ein paar Stunden mit Basketball auf einem der vielen Freiplätze in Wien, suche mir dann mit Freunden ein Restaurant, das ich noch nicht kenne und gehe abends auf eine kleine Bar-Tour und besuche Kollegen. Lieblingsort zum Start: der Tresen von Erich Wassicek in der Halbestadt Bar.