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Insiderin Wien: Katharina Seiser
Esskultur
Wenn es um Genuss geht, kennt sich Katharina Seiser aus. Wir freuen uns, dass uns die erfolgreiche Buchautorin an ihrem Wissen teilhaben lässt.
Vor ein paar Monaten ist Ihr Buch „Österreich vegetarisch“ erschienen. Wo bekommen wir denn in Wien richtig feines Veggie-Food?
Im Tian, und zwar auch für Nicht-Vegetarier/innen, aber Gerne-Gemüseesser/innen wie mich. Drei weitere Adressen will ich nicht unterschlagen: 1. Das Yamm! am Ring gegenüber der Hauptuni (Universitätsring 10) macht seine Sache wirklich gut. Ein vegetarisches, unkompliziertes Buffet aus lauter frischen, pikant (also nicht fad) abgeschmeckten kalten und warmen Gerichten. Ich esse dort so gut wie immer nur vom Salatbuffet, weil sich kein Mensch zuhause so eine Vielfalt an Salaten für eine Mahlzeit zubereitet. 2. Das Madiani am Karmelitermarkt (Stand 21-24) bzw. sein neues Schwesterlokal, das Café Ansari (Praterstraße 15). Die georgischen Antipasti wie der Bohnen- und der Rote-Rüben-Salat sind großartig, ebenso die Melanzaniröllchen auf zwei Arten und natürlich der in der Pfanne gebackene georgische Käsekuchen Khachapuri, dem ich seit Jahren verfallen bin. Und 3. Das Steirereck (Am Heumarkt 2a). Es gibt immer mehrere vegetarische Gerichte auf der Karte, auch ein Menü sollte sich problemlos daraus formen lassen. Feiner, aufwändiger und interessanter geht Gemüseküche in Wien derzeit gewiss nicht. (Und eine Leidenschaft teile ich mit Heinz Reitbauer ganz besonders: die für Schönbrunner Zitrusfrüchte.)
Sie selbst sind ja keine Vegetarierin. Ihr Restauranttipp, wenn es doch einmal Fleisch sein soll?
Natürlich das Gourmet Gasthaus Freyenstein. Mit Meinrad Neunkirchner durfte ich bereits zwei Kochbücher machen ("Österreich vegetarisch" und zuvor "So schmecken Wildpflanzen"). Seine Fischgerichte mag ich ganz besonders, jetzt im Sommer die raren heimischen Flusskrebse, aber auch Geschmortes oder wenn sie denn auf der Karte steht, die Taube. Natürlich auch das Steirereck. Dann wird die Luft schon dünn, weil es kaum Lokale gibt, die durchgängig und verlässlich Fleisch von anständig gehaltenen Viechern auf der Karte haben UND es richtig gut zu verarbeiten verstehen.
Noch eine Adresse, an der Katharina Seisers Genießerherz höher schlägt?
Das Mochi, weil die Jungs und Mädels dort alles können: richtig gut kochen (Crispy Prawn Salad! Sake Don! abends noch viel mehr), sehr charmant Schmäh führen, unerhört sympathisch gastgeben. Ebenso mag ich seit weit über einem Jahrzehnt das kleine, unscheinbare, ein bisschen abgewohnte und immer recht streng wirkende japanische Restaurant EN (Werdertorgasse 8). Und schnell mit dem Radl auf eine Bufala ben cotto zu Pizza Mari (Leopoldsgasse 23a).
Zu gutem Essen gehört guter Wein. Verraten Sie uns Ihren Lieblingswinzer?
Einen einzigen gibt's nicht, aber eine Handvoll nenne ich gerne: Niki Moser vom Weingut Sepp Moser in Rohrendorf, heuer besonders Riesling, Zweigelt und der Minimal. Wimmer-Czerny in Fels am Wagram (Obere Marktstraße 37). Roter Veltliner! Grüner Veltliner Hefeabstich! Meinklang in Pamhagen (Hauptstraße 86). Meine jüngste Entdeckung: Stadlmann in Traiskirchen (Wiener Straße 41). Vor allem der Rotgipfler, der ganz ausgezeichnet zu Spargel passt. Rot zum Beispiel von Weninger (Florianigasse 11, Horitschon), Beck (In den Reben 1, Gols) und Preisinger (Goldbergstraße 60, Gols). Und noch immer - obwohl nicht Bio - Martin Nigl in Senftenberg im Kremstal (Kirchenberg 1). Denn das war der erste Wein, an den ich mich erinnern kann.
Weingut Sepp Moser, Untere Wiener Straße 1, 3495 Rohrendorf
Ihr Geheimtipp für süße Sünden?
Ratzka in Salzburg (Imbergstraße 45). Im Ernst, in Wien gibt es niemanden, der diese ehrliche Qualität auch nur annähernd erreicht. Wegen der traurigen süßen Lage in Wien backe ich aber am liebsten selbst. Das schmeckt nicht nur am besten, sondern ich weiß auch, woher die Eier dafür kommen.
63589 Linsengericht
In der Stadt wohnen und biologisch und möglichst regional einkaufen: Ist das möglich? Haben Sie da ein paar Adressen für uns?
Klar ist das möglich! Da ich im 2. Bezirk wohne, liegen für mich der Karmelitermarkt und der endlich wachgeküsste Vorgartenmarkt (Max-Winter-Platz/Vorgartenstraße) nahe. Ich habe das Glück, einen Ernteanteil von Österreichs erstem CSA-Betrieb, dem Ochsenherz Gärtnerhof, zu haben. Damit ist die Grundversorgung mit bestmöglichem demeter-Gemüse gesichert. Hätte ich das nicht, wäre Krautwerk am Karmelitermarkt meine erste Anlaufstelle: So geht leidenschaftlicher Bio-Gemüseanbau! Für Bio-Gemüse außerdem Klaus Rapf (Obere Hauptstraße 55, Tadten) mit einer Sortenvielfalt, wie sie nur ein wenig Verrückte anbauen können. Stichwort Paradeiser und Kürbis. Kleiner Geheimtipp: Klaus hat auch sehr gutes Obst, zum Beispiel Marillen (aber wehe, ihr Leser/innen kauft sie mir alle weg!). Spezielle Kräuter bei Evi Bach (Contiweg 165) und im Feigenhof (Am Himmelreich 325), dort gibt es ab Hochsommer auch sensationelle Feigen bis in den November. Brot kaufe ich ausschließlich bei Gragger in der Spiegelgasse. Bio, Handarbeit, direkt befeuerter Holzofen und auch hier ein Verrückter in der Backstube. Seit Jahren ist das Florianer Chorherrenbrot mein Favorit, außerdem seine Handsemmerln und Brioches. Käse, vor allem seinen Ziegenfrischkäse, bei Helwin Hinke und bei Stephan Gruber am Karmelitermarkt, den nächsten beiden Verrückten. Milchprodukte und all die Grundnahrungsmittel bei denn's Biomarkt (Ottakringer Straße 186) - auch, wenn ich nicht immer mit der Sortimentspolitik einverstanden bin. Immerhin reagiert man dort auf Anregungen.
Ochsenherz Gärtnerhof, Fuchsenwaldstraße 90, 2230 Gänserndorf-Süd
Apropos Shoppen: Achten Sie auch beim Kauf Ihrer Kleidung auf biologische und regionale Qualität? Und wo finden wir schicke Klamotten, die diesen Kriterien entsprechen?
Ganz schwierig. Der Esskultur-Hintern passt nicht in die tollen Organic-Fairtrade-Jeans, die ich gerne kaufen würde. Basics bei Grüne Erde (Mariahilfer Straße 11) oder auch Anukoo. Aber da ich mein Geld für Essen und Reisen ausgebe, bleibt eh nicht viel für Mode übrig. Aber zum Thema Textilien fällt mir noch etwas ein: Vieböck Leinen im Mühlviertel (Leonfeldnerstraße 26, Helfenberg) macht zauberhafte, ewig haltbare Leinenhangerl, zum Beispiel im blitzblauen Karo oder im klassischen Zwillichmuster. Die sind auch als erste Leinenweberei weltweit GOTS- und IVN-BEST-zertifiziert.
Setzt sich also bewussteres Einkaufen auch im urbanen Bereich durch?
Tut es längst. Ich denk da zum Beispiel an den Kaas am Markt mit seinem Slow-Food-Konzept. Ganz neu hat der Biohof Rohrauer unter dem Label "dazu" einen "Hofladen" in Wien (Liechtsteinstraße 73/3) aufgesperrt. Da gibt's wunderschön aufgemachte Produkte wie Senf, Ketchup und Marmelade aus eigener burgenländischer Erzeugung, aber auch befreundete Bio-Hersteller liefern, zum Beispiel Gragger das Brot und Nuart den Käse.
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