
Insider Wien: Philipp Geymüller
Abothek
Mit der Abothek von Philipp Geymüller "kommt feiner Wein heim". Gemeinsam mit Partner Bernhard Moss kuratiert er ein monatliches Weinkistl und liefert es zum Selbertrinken nach Hause.
Welche Wiener Winzer begeistern Sie?
Es gibt einige, herausgreifen möchte ich Alexander Zahel. Als Biobetrieb macht er super Weine, insbesondere seine Interpretationen des Wiener Gemischten Satzes sind spitze. Auch Georg Nigl aus Perchtoldsdorf ist super. Voll bio und immer für neue Ansätze offen, macht er tolle, naturbelassene Weine, die teilweise auf der Maische vergoren sind und lange auf der Hefe gelagert wurden. Damit zeigt er, wie gut Wein abseits des Mainstreams sein kann.
Welche Wiener Lokale schätzen Sie wegen ihrer Weinauswahl?
Das O Boufés von Konstantin Filippou hat eine sehr interessante, teilweise herausfordernde Weinauswahl, die auch glasweise zu haben ist. Das Pub Klemo, insbesondere die Dependance am Donaukanal, zeigt ein breites Spektrum an preislich angemessenen Weinen – von eher unkonventionell bis Naturwein. Attraktiv ist auch das Weinangebot des Glacis Beisl (Breite Gasse 4) und des Kussmaul (Bäckerstraße 5). Im Kussmaul kombiniert Mario Bernatovic tolle Weine mit toller Küche.
Welche kulinarische Neueröffnung begeistert Sie?
Die Mochi Ramen Bar am Vorgartenmarkt. Sie ist gewohnt "Mochi-gut", unprätentiös, schön, professionell und sympathisch.
Sie haben in London und der Schweiz studiert. An welchen Plätzen ist Wien für Sie international?
Am besten ist es dort, wo es nicht versucht, international zu sein. Also an den authentischen Orten – wie den ausgezeichneten Gasthäusern und den wunderschönen Plätzen. Zum Beispiel im Kleinen Café am Franziskanerplatz oder im Café Anzengruber in der Schleifmühlgasse. Das Sass ist für mich auch manchmal Weltklasse: Ein architektonisch idealer Club, unkompliziert, mit super Musik. Schön und qualitativ immer besser finde ich die Kunstmesse Parallel – bisher in der genialen Location in der Alten Post. Da stellt sich dann mitunter schon ein echt kosmopolitisches Flair ein (parallelvienna.com).
Welche drei Orte zeigen Sie Freunden auf Wienbesuch?
Ich besorge meinen Freunden Räder und wir drehen eine Runde um den Ring. Dann in den Pötzleinsdorfer Schlosspark und zum Abkühlen auf die Donauinsel. Am Ende, nach einem Abstecher zu Magdas Hotel im Prater, lassen wir den Tag mit bestem Wein im Pub Klemo am Donaukanal ausklingen.
Verlasse Wien nicht ohne ...?
Einem Kistl von der Abothek, einem Glas von Lobmeyr, einer Leberkässemmel und Mannerschnitten.
Die Abothek-Kistln sind auch in einigen Wiener Shops zu haben. Wo genau?
Ja, wir haben einige Bodenstationen in Wien. Etwa das Strictly Herrmann, ein Conceptstore für den Mann in der Taborstraße. Auch im einzigartigen Palmeri Shop (Operngase 23) und im wunderschönen Modeladen Unikatessen (Margaretenstraße 45) ist unser Kistl erhältlich.
Was war die spannendste Flasche Wein, die Sie in den letzten Wochen geöffnet haben?
Unsere Weine sind jeden Monat spannend. Zum Beispiel der Chenin Blanc "Fidèle" von der Domaine du Bourg Neuf aus Saumur an der Loire in unserem Februar-Kistl. Er ist im Holz ausgebaut und hat dadurch einen besonderen Körper, ist dabei aber sehr elegant. So ist er ein idealer Speisenbegleiter, weil er auch intensiven Geschmäckern etwas entgegensetzen kann. Oder der Saumur Rouge "Les Fontenelles", ebenfalls aus Saumur in unserem Februar-Kistl. Ein typischer Cabernet Franc (mit etwas Cabernet Sauvignon) aus der Heimat dieser Sorte. Das schmeckt man: Er ist kräftig, aber durch eine ansprechende Säure sehr strukturiert, mit einer wunderschönen Weichselnote. So ist er super süffig ohne jemals langweilig zu werden.
Wer ist die Zielgruppe Ihres kuratierten Weinkistls?
Leute, die sich für die schönen Dinge des Lebens interessieren, also grundsätzlich auch für Wein, aber bisher daraus nicht die immense Befriedigung erfahren haben, die dieses Elixier mit sich bringen kann, weil die Welt des Weins schwer zu durchschauen ist. Wir wollen deshalb keine elitäre Veranstaltung sein, sondern den Zugang zum Wein entkrampfen und vereinfachen, also zur Demokratisierung dieses Kulturguts beitragen. Wir sind Kuratoren des Vertrauens. Wir stellen unseren Kunden regelmäßig interessante Winzer und deren Weine nicht nur vor, sondern bringen sie gleich zum Selbertrinken nach Hause. Damit das Ganze nicht komplizierter ist, als sich eine Zeitung zu kaufen.
Nach welchen Kriterien suchen Sie Weine aus, die im Weinabo landen?
Das Zusammenspiel von Winzerpersönlichkeit, Region, Sorte und Machart muss in irgendeiner Weise besonders sein. Dann muss das Preis-Leistungsverhältnis stimmen. Die meisten unserer Weine sind bio, von kleineren Winzern und oft auch aus dem Ausland, weil es alleine in Italien mindestens 500 Sorten gibt, die man hierzulande kaum kennt, die aber extrem spannend sind. Aber wir sind keine Dogmatiker und halten uns alles offen, Hauptsache der Wein schmeckt. Oder wie es ein befreundeter Winzer einmal so schön auf den Punkt gebracht hat: "Ein Wein muss die ganze Nacht und den ganzen Tag Spaß machen".