
Insiderin Wien: Karola Kraus
Mumok Ludwig-Stiftung
Karola Kraus ist Direktorin des Museums Moderner Kunst. Sie findet ein Kunstwerk gut, „wenn es mehr Fragen aufwirft, als eindeutige Antworten zu liefern“.
Ihr Leben gehört der Kunst. Was muss man in Wien gesehen haben?
Ich mache einmal im Monat meine obligatorischen Galerienrundgänge, besuche die Museen, die Secession oder diverse Off-Spaces. Ein besonderes Anliegen ist mir der ständige Austausch mit KünstlerInnen, die ich in ihren Ateliers besuche.
Was ist neu auf dem Wiener Kunstsektor, das Sie begeistert?
Die Wiener Kunstszene bewegt sich sehr schnell und ist international gut vernetzt. Momentan scheint der Trend wieder Richtung „Drinks mit Mehrwert“ zu gehen. Vor allem von KünstlerInnen gestaltete Bars laden zum Verweilen und Austausch ein – vielleicht nicht zuletzt wegen der Tradition der legendären Fledermaus Bar. So gibt es schon etwas länger den von Lucie Stahl und Will Benedict initiierten Space L'Ocean Licker (Helenengasse, Ecke Praterstern, bei der Unterführung), dessen Außenfassade unter anderem der Berliner Künstler Henning Bohl gestaltet hat und in dem man auf weniger als fünf Quadratmetern bis ins Morgengrauen tanzen kann. In diesem Kontext fallen mir auch noch das V.esch (Schikanedergasse 11) oder die Bar Du Bois ein. Toll finde ich dabei, dass sich diese temporären Projekte neben etablierten Galerien einmieten und sich gegenseitig befruchten.
Wo bietet Wien jungen Künstlern eine Plattform?
Wien hat mit der Universität für angewandte Kunst und der Akademie der bildenden Künste (Schillerplatz 3) zwei Orte, wo man sich vor allem auch im Feld der Kunsttheorie ein fundiertes Wissen aneignen kann. Der gute Ruf konnte mittlerweile viele bekannte KünstlerInnen und TheoretikerInnen mit Professuren an die Stadt binden, die so ihre gebündelten Erfahrungen mitbringen. Zur Zeit kommen vermehrt KunststudentInnen aus dem skandinavischen Raum nach Wien, um sich in die Klassen von Heimo Zobernig oder Julian Göthe einzuschreiben. Diese Vernetzung zeigt, dass es in Wien gerade brodelt und ein gut gedüngter Nährboden für gedeihende Generationen besteht.
Revolutionäre Gedanken in der Kunst sind Ihnen ein Anliegen. Welche Stadtteile von Wien passen in dieses Denkmuster?
Die Ringstraßenanlage von Otto Wagner mit ihren U-Bahnstationen und das Loos Haus am Michaelerplatz: ein zentrales Bauwerk der Wiener Moderne. Es markiert die Abkehr vom floralen Dekor des Secessionismus. Auffallend ist der Mut der Wiener Baubehörden, auf historische und denkmalgeschützte Gebäude moderne Dachaufbauten zu genehmigen.
Loos Haus, Michaelerplatz 3, 1010 Wien
Sie pflegen Ihre Netzwerke in der Künstlerszene regelmäßig. Haben Sie dafür einen Lieblingsort?
Ich verabrede mich gerne zum Mittagessen bei "Kim kocht" am Naschmarkt (Stand 28), im Beaulieu (Herrengasse 14) oder im Da Giorgina. Zum Abendessen gehe ich ins Oswald & Kalb (Bäckerstraße 14), dem legendären Stammlokal vieler Künstler. Im Sommer kann man im Vestibül (Doktor-Karl-Lueger-Ring 2) herrlich draußen sitzen.
Und wo entspannen Sie nach einem anstrengenden Arbeitstag?
Bei meinen Spaziergängen durch die Stadt, an der Donau oder im Waldviertel. Im Sommer gehe ich nach der Arbeit oft zum Schwimmen auf das Badeschiff.
Badeschiff, Donaukanallände zw. Schwedenplatz und Urania, 1010 Wien
Freunde aus dem Ausland kommen zu Besuch. In welchem Hotel übernachten sie?
Ich liebe das Hotel Triest. Es verbindet auf wunderbare Weise Kunst, Design, Architektur und Charme. Wenn es mehr Luxus sein soll, empfehle ich das Sacher (Philharmonikerstraße 4) oder das neue Sans Souci (Burggasse 2) in unmittelbarer Nachbarschaft zum MuseumsQuartier.
Sie schätzen gutes Essen. Welches Restaurant können Sie in Wien empfehlen?
Ich bin ein Fan vom Skopik und Lohn im zweiten Bezirk (Leopoldsgasse 17). Dort bekommt man nicht nur hervorragendes Essen der Wiener Beisltradition, man sitzt außerdem unter einer Deckenmalerei von Otto Zitko. Den Cocktail danach trinke ich gerne in der Loosbar, die architektonisch nicht zu schlagen ist, oder in der Le Loft Bar in der 18. Etage des Sofitel (Praterstraße 1), von der man einen atemberaubenden Blick auf Wien genießen kann.
Wenn Sie einen Tag in Wien hätten: Was wäre auf Ihrer Agenda?
Zuerst einige Galerien, dann zur Generali Foundation (Wiedner Hauptstraße 15) oder zur Thyssen-Bornemisza Art Contemporary im Augarten (Scherzergasse 1A). Danach weiter zum Mochi (Praterstraße 15), wo man sensationell japanisch essen kann. Anschließend ein Spaziergang durch die Weinreben und zum Abschluss eine Jause beim Heurigen Welser in Grinzing.
Und welche Geschäfte haben Sie kürzlich beim Schlendern durch die Gassen entdeckt?
Gleich ums Eck vom mumok (Museumsplatz 1) entdeckte ich kürzlich eine kleine, sehr schöne Boutique namens Nachbarin. Dort findet man selektierte Modelabels, die es sonst in Wien nicht zu kaufen gibt, wie Veronique Leroy und Preen oder handgezeichnete Foulards von Swash sowie eine feine Auswahl an Clergerie. Wer gerne die Heurigenkultur abseits von urigen Klischees und unweit des Zentrums in den Wiener Weinbergen kennenlernen möchte, dem empfehle ich die Buschenschank in Residence der jungen Winzerin Jutta Ambrositsch (Himmelstraße 7). Von März bis Mai öffnet sie an ausgewählten Terminen - den Blick über die Stadt gibt's inklusive.
Mumok Ludwig-Stiftung