
Insider Wien: Dominik Hartl
Diagonale
Regisseur Dominik Hartl, ein gebürtiger Steirer, erzählt, wo er in Wien picken bleibt. Beim Grazer Filmfestival Diagonale ist er heuer mit seinem Film "Die letzte Party Deines Lebens" vertreten.
In "Die letzte Party Deines Lebens" wird die Maturareise zum Horrortrip. Erzählen Sie uns davon!
Gedreht haben wir letzten Sommer in Kroatien bei einer großen Maturareise-Veranstaltung. Der Film ist grob gesagt eine unheilige Mischung aus „Spring Breakers“ und „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“. Mir war es wichtig, das Gefühl und die Stimmung dieser Riesenparty so gut wie möglich einzufangen. Deshalb mischten wir uns beim Dreh unter die tausenden, feiernden Jugendlichen. Das war mit einem 80köpfigem Team und einem großen Ensemble an jungen Schauspielern sehr anstrengend und ein logistischer Wahnsinn. Aber die Mühen haben sich gelohnt! Ab 22. März ist der Film im Kino zu sehen.
Sie leben seit elf Jahren in Wien. In welche Orte haben Sie sich zuerst verliebt?
Die meiste Zeit verbrachte ich im sechsten und siebenten Bezirk – sogenannte "Bobo-Bezirke", wo gefühlt alle in der Kreativbranche arbeiten. Hier lebt man sicherlich ein bisschen in einer Blase, aber es ist eine sehr schöne Blase. In den unzähligen Lokalen und Geschäften ist immer etwas los. Das macht für mich die Großstadt aus – und das brauche ich, um mich wohl zu fühlen.
Welche Neueröffnung haben Sie eben erst entdeckt?
Bei mir ums Eck wurde das Café Monic neu übernommen. Ein altes Wiener Beisl, das komplett renoviert wurde und dennoch so aussieht, als wäre es nie renoviert worden. Die neuen Couch-Bezüge, Wandtapeten und Farben sind alle in diesem grässlichen 90er-Jahre-Stil gehalten. Das fand ich irgendwie witzig: All der Aufwand, um etwas aussehen zu lassen, als wäre es nie verändert worden. Wirklich gewechselt hat allerdings das Publikum. Früher hauptsächlich von Spiegeltrinkern frequentiert, trifft man dort heute sehr viele junge Leute.
Café Monic, Gumpendorfer Straße 69, 1060 Wien
In welchem Lokal haben Sie zuletzt richtig gut gegessen?
Im Es gibt Reis, wo die Küche ein Mix aus authentisch südostasiatisch und typisch österreichisch ist. Wirklich gut und ein Geschmack, den ich bis dahin noch nicht kannte. Ausprobieren sollte man die Cocktails und Longdrinks, die allesamt nach Helge Schneider-Songs benannt sind.
In welcher Bar treffen Sie Freunde auf ein Afterwork-Bier?
Ich bin gerne in der Rund Bar, die mit gemütlicher Atmosphäre und toller Einrichtung überzeugt. Der Barbereich ist aus unzähligen alten Glasscheiben gebaut, welche die Besitzer jahrelang gesammelt haben. Man kann dort untertags auch sehr gut essen, bis 22 Uhr – danach darf geraucht werden. Ich bin dort schon oft bis zur Sperrstunde picken geblieben.
Ihr Lieblingsort zum Kopf freikriegen?
Der Esterhazypark ist mit seinem Beton-Flakturm aus dem Zweiten Weltkrieg, mitten im dicht besiedelten Gebiet, ein ästhetisch spannendes Wirrwarr. Im Flakturm befindet sich das Haus des Meeres, außen kann man im Sommer klettern gehen. Am besten gefällt mir die Mischung aus Leuten: auf den Monkeybars trainieren aufgepumpte Jungs, gleich daneben ist ein Spielplatz für die Kleinen, am Basketballplatz hängen Jugendliche ab, die sich zum Vorglühen treffen. Viele verschiedene Menschen nutzen den kleinen Park in friedlicher Co-Existenz.
Was ist das Spannende an der Wiener Kunst- und Kulturszene?
Was die Kulturszene auszeichnet, ist ihre nonchalante Art. Künstler aller Richtungen trifft man am ehesten in kleinen Kaffeehäusern wie dem Café Jelinek (Otto-Bauer-Gasse 5) oder in verrauchten Beisln wie dem Leopoldistüberl (Leopoldsgasse 22). Von den großen Museen gefällt mir das Leopold Museum (Museumsplatz 1) am besten. Ich mag Schiele – und seinen Bildern wird hier viel Platz geboten. Ansonsten bin ich viel im Kino, vor allem im Haydn Kino, weil dort die Filme in Originalfassung gezeigt werden.
Wo ist Wien eine Stadt mit internationalem Flair?
Kosmopolitisches Flair wie in London oder Paris findet man in Wien nicht. Spannend finde ich aber, dass hier süd- und osteuropäische Kultur mit jener aus dem Westen zusammentrifft. Wien ist die zweitgrößte Stadt im deutschen Sprachraum, aber kulturell steht sie Prag oder Budapest viel näher als Berlin. Am ehesten drückt sich das an einem Ort wie dem Schwarzenbergplatz aus: Da blickt ein riesiger russischer Soldat von einem Kriegerdenkmal Richtung erster Bezirk, links davon steht die Karlskirche in barockem Pomp, rechts davon liegt das Hotel Intercontinental (ein brutalistischer Beton-Quader) und dazwischen befindet sich ein verkehrstechnisches Kuddelmuddel, das jeden Autofahrer in den Wahnsinn treibt.
Ein romantischer Ort?
Das ist Jahreszeiten abhängig. Im Frühling sitzt man, sobald es die Temperaturen zulassen, bis in die Nacht im Museumsquartier auf den Stufen des Mumok. Im Sommer finde ich die Liegeplätze an der Neuen Donau toll, vor allem wenn die Sonne über dem Wasser und den Hochhäusern der Donauplatte untergeht. Im Herbst gehe ich in den Lainzer Tiergarten und beobachte Wildschweine aus der Nähe. Im Winter finde ich den Wiener Eistraum vor dem Rathaus sehr stimmungsvoll.
Was macht Wien zur lebenswerten Stadt?
Was die Infrastruktur betrifft, ist Wien im internationalen Vergleich wirklich ungeschlagen. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kommt man in kürzester Zeit überall hin. Ansonsten wird alles geboten, was eine echte Großstadt braucht: reichhaltiges Kulturprogramm, gute Plätze zum Fortgehen (ab vier Uhr früh muss man allerdings wissen, was noch offen hat) und leistbare Preise. Man kann wirklich nicht jammern – auch wenn das sehr wienerisch wäre!