Wien: Die Monarchie auf dem Teller
Zum Roten Bären
Die Wirtschaftskammer bescherte einem alten Wirtshaus zwei würdige Nachfolger. Fabelhafte Küche von Südpolen bis an die Adria inklusive.
"Glücklichsein und gut kochen, was will ich mehr?" Hans Bodingbauer sitzt uns auf einem alten Wirtshaussessel gegenüber und grinst. Im Roten Bären ist er angetreten, um mit biologischer Küche "aus der ehemaligen Monarchie" das eingefleischte Stammpublikum zu überzeugen. Den Standort in der Berggasse übernahm sein Freund und Neowirt Florian Kovacic nämlich von der Betriebsnachfolgebörse der Wirtschaftskammer. Vorgänger Eduard Malits ging in Pension und hinterließ den Youngsters eine treue Anhängerschaft: Studenten, Innenministerialbeamte, den Kleinbahnverein und einen Großteil der nahegelegenen Polizeidirektion.
"Ich mag das gemischte Publikum", sagt Florian Kovacic, "das ist wie zu Club 45-Zeiten". Dass er seit Anfang Jänner statt "Schnitzel und Schweineleber am laufenden Band" lieber Altwiener Backfleisch in Bioqualität, den slowenischen Vorspeisenteller mit Sterz, polnische Pierogi und Rinderschmorbraten mit Butternudeln auf den Tisch bringt, daran musste sich die Stammklientel erst einmal gewöhnen. "In der Abendkarte servieren wir die ganze Monarchie, das war ein schöner Kulturraum damals", schwärmt der Wirt. Auf kulinarischen Reisen entdeckt er dafür mit Koch Hans Bodingbauer (vorher Lux, Fabios, Spirali) "immer wieder neue Produkte", ein Teil der vorhandenen stammt von Bodingbauers Vater in der Südsteiermark. "Der hat einen Weingarten in St. Johann, den er mit Obst und Gemüse bewirtschaftet", verrät der Küchenchef, "einmal in der Woche liefert er uns Kräuter, Erdäpfel und sogar echte Brunnenkresse".
Dass Bodingbauer so gut wie alles selber macht - "die Leberknödel, die Grießnockerl, den Apfelstrudelteig"- versteht sich im Roten Bären quasi von selbst, auch dass bei Festen mit größeren Geschützen aufgefahren wird. "Da legen wir schon mal ein ganzes Schwein auf den Tisch", lacht Florian Kovacic, weil "wir lieben Braten". Dass wir den Roten Bären lieben, versteht sich damit quasi von selbst.