
Insider Graz: Igor F. Petkovic
Igor F. Petkovic
Igor F. Petkovic nennt sich Universal Creator, er ist Künstler, Filmemacher, Fotograf, Autor, Slawist, Kulturwissenschaftler. Und lebt in Graz.
Sie haben das Schaumbad in Graz mitbegründet - wo verorten Sie ein kreatives Zentrum von Graz?
Als wir vor sieben Jahren das „Schaumbad - freies Atelierhaus Graz“ gründeten, vereinte uns dabei die Vision von leistbaren Ateliers, verbunden mit der Möglichkeit von freier Vernetzung, interdisziplinärem Austausch, außeruniversitärer Bildung und unabhängiger Kunstproduktion. Ein lebendiges und pulsierendes Zentrum künstlerischen und kulturellen Schaffens in Graz jenseits der etablierten Institutionen. Viele weitere Initiativen und Gruppen bereichern heute die freie Szene und schaffen somit ein äußerst vielschichtiges und urbanes Flair, wie z. B. der Kunstfreiraum Papierfabrik oder der Rote Keil (Idlhofgasse 87a). Aktuell entstehen gerade rund um das Schaumbad und die Taggermühle in der Triestergegend spannende kreative Synergien. Schon seit längerem ist auch rund um die Mariahilferstraße ein dichtes Netz an interessanten kreativen Unternehmen, Shops, Kaffees und Bars gewachsen.
Kunstfreiraum Papierfabrik, Ungergasse 24, 8020 Graz
Welche Kulturinitiativen in Graz schätzen Sie?
Das Gräzlfest „Lendwirbel“ ist jedes Jahr eine äußerst bunte Manifestation voll freudiger Kreativität (2015: 2.-10.5.). Hier sind die Straßen voller lachender, tanzender Menschen, super Live-Konzerte, spannender Kunst und voll leichtem Leben. Ebenso liebe ich die wundervolle Stimmung während des Straßentheaterfestivals „La Strada“. Hier findet Kunst alte und neue Wege zum Publikum und plötzlich ist Graz sehr weltstädtisch (2015: 31.7.-8.11.). Der „Rotor" veranstaltet hochqualitative Ausstellungen und Projekte zu aktuellen künstlerischen und sozialen Fragestellungen mit Beteiligung von Künstlern und Künstlerinnen auch aus Südosteuropa, und das lokale, freie "Radio Helsinki“ bringt niederschwellig inter- und subkulturelle Sendungsmacher in den Äther (62,6 MHz) und lässt mit spannenden Features und abwechslungsreicher Musik aufhören. In der "CUNTra la Kunsthure" gibt es regelmäßig Provocunte Veranstaltungen, Livemusik und Ausstellungen in einem schrägen Ambiente (Feuerbachgasse 9).
rotor - Zentrum für zeitgenössische Kunst
Volksgartenstraße 6a
8020 Graz
+43 316 688306
www.rotor.mur.at
Welche Trends stechen Ihnen in der Grazer Kreativlandschaft ins Auge?
Nicht zuletzt durch die Ernennung von Graz zur UN City of Design gibt es verstärkt Förderprogramme für Startups in den Creative Industries. Shared Spaces, Co-working places, und ein Zusammengehen sich ergänzender kreativer Dienstleister sind ein starker Trend, der übergreifende Vernetzung, transdisziplinäre Kooperationen und spannende Experimentierfelder aufmacht. Leider führt der Trend aber auch zu einer Vereinnahmung von freier künstlerischer Energie in eine kommerzialisierte Industrialisierung.
Im Fokus Ihrer Arbeit stehen Themen wie Migration, interkultureller Austausch, Pop- und Subkulturen u.a. in Mitteleuropa. Wo empfinden Sie Graz als multikulturell, global, weltoffen?
Ganz allgemein, täglich im kulturellen Leben und auf den Straßen und Plätzen der Stadt, besonders auf der rechten Murseite. Lend und Gries sind hier die Bezirke mit der lebendigsten kulturellen Vielfalt und einem offenen und toleranten Miteinander. Natürlich reibt es sich da auch, aber das gehört dazu. Speziell jedoch empfinde ich weltstädtisches Flair rund um die großen und kleinen Kunst- und Musik Festivals, etwa beim Elevate Festival für Musik und politischen Diskurs im Oktober und bei den vielen Veranstaltungen der in Graz lebenden Migranten, beispielsweise bei Chiala Afrika im Juni (Griesplatz 13, 2015: 19.-21.6.)
Zu Trivialerem: Wo gehen Sie gerne essen in Graz?
Bei mir ums Eck ist das Braun de Praun, da schätze ich vor allem das Blunzngröstl, die rustikale Jägerstube, die lange Öffnungszeit und den Gastgarten (Morellenfeldgasse 32). Am Lendplatz liebe ich das Mussaka und die griechischen Delikatessen im Bakaliko (Lendplatz 1). Für Vegetarisches gehe ich sehr gerne in die wundervolle kleine Erbse am Griesplatz 4 oder in die erfrischend junge Erde am Andreas Hofer Platz, wo es auch noch die :freie galerie: gibt (Andreas Hofer Platz 3). Spät Nachts gehe ich am liebsten noch ins Theatercafé (Mandellstraße 11) auf einen gediegenen Absacker mit der besten Eierspeise der Stadt.
Wo schmeckt ein Afterworkdrink besonders gut?
Gerne gehe ich ins benachbarte Axolotl im Herz Jesu-Viertel (Nibelungengasse 40) oder ins Stockwerk mit immer guter Musik (Jakominiplatz 18). Meist fahre ich jedoch auf die andere Murseite und treffe Freunde im raucherfreundlichen Centraal (Mariahilfestraße 10) oder in der Jazzbar Miles. Im Cafe Rosenhain lässt sich mit dem herrlichen Blick über Graz der Arbeitsstress leichter vergessen (Panoramagasse 75).
Schön langsam wird es frühlingshaft - worauf freuen Sie sich da in Graz?
Auf abendliche Spaziergänge mit meinem Hund Tito entlang der Mur, auf Weiße Spritzer in einem der vielen belebten Gastgärten und den bunte Trubel in Augarten, Volksgarten und Stadtpark. Natürlich auch auf ausgedehnte Wanderungen in der herrlichen Natur rund um Graz und die günstigen und guten regionalen Speisen in den umliegenden Buschenschänken.
Wenn Sie nicht in Graz leben würden, wo dann?
Ich liebe Graz für sein südländisches Flair, seine geographische Lage (nahe an den Alpen, der Adria und dem Balkan), seine hohe Lebensqualität und sein reichhaltiges und vielschichtiges Kulturangebot. Dennoch muss ich regelmäßig raus und genieße es einen Teil meiner Zeit in Novi Sad, Pula, Banja Luka oder Triest zu verbringen. Ich könnte mir auch vorstellen, dort länger zu leben.
Igor F. Petkovic