Lisa-Viktoria Niederberger arbeitet derzeit emsig an einem umfangreichen Romanmanuskript. Linz wird darin ein ganz zentraler Schauplatz sein. Uns verrät die freie Autorin inzwischen ihre persönlichen Lieblingsplätze in der Stadt.
von Barbara Seemann / 23.07.2021
Die gebürtige Linzerin Lisa-Viktoria Niederberger hat in Salzburg Kunstgeschichte und Germanistik studiert. Sie war als Redakteurin einer Literaturzeitschrift, als Buchhändlerin und beim freien Radio tätig. Ihr literarisches Debüt "Misteln", ein Kurzprosaband, ist 2018 erschienen.
Aktuell studiert die Schriftstellerin Kulturwissenschaften an der Kunstuniversität Linz und arbeitet freiberuflich an literarischen Projekten vom Kinderbuch bis zum Roman. Lisa-Viktoria Niederberger verfasst drüber hinaus Rezensionen und kulturjournalistische Beiträge u.a. für die "KUPF Zeitung", "Die Referentin" sowie die Literatur- und Kulturzeitschrift "mosaik". Außerdem steckt sie zum Zeitpunkt des Interviews mitten in der Planung ihrer Kunstgeschichte-Kurse, die sie im Herbst an der VHS Linz anbieten wird. Hier verrät Lisa-Viktoria Niederberger ihre liebsten Plätze und Lokale sowie die Buchhandlungen ihres Vertrauens in Linz.
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Lisa-Viktorias Linz-Tipps
In welchem Stadtteil hältst du dich aktuell besonders gerne auf?
Ich bin eine große Freundin vom Univiertel geworden, das ich besonders durch die vielen Spaziergänge im letzten Jahr gut kennen gelernt habe. Eine Runde durch den Wald bei der Pferdeeisenbahn ist ein wöchentlicher Fixpunkt geworden. Das Areal rund um den JKU-Teich bietet sich für mich auch gut zum Lesen oder Schreiben an. Die Kois und Wasservögel dort zu beobachten, das mache ich gern. Wenn es mich mal doch in die Innenstadt verschlägt, fühle ich mich rund um den Pfarrplatz bzw. die Pfarrgasse und (tagsüber!) in der Altstadt wohl. Alturfahr ist auch wunderschön, baden tue ich aber lieber weiter donauaufwärts.
Was hast du unlängst neu in der Stadt wahrgenommen? Wo ist Linz besonders im Wandel?
Ich finde, Linz wandelt sich gesellschaftlich, sozial, aktivistisch – und das finde ich gut. Es gibt so viele Bürger*innen- bzw. Stadtteilinitiativen und engagierte Gruppen aus der Zivilgesellschaft, die präsent sind und sich einsetzen: für eine andere Verkehrs- und Umweltpolitik, für Baumschutz, gegen (rassistische) Gewalt und für feministische Belange. Es gibt viele Bewegungen, Kundgebungen, Aktionen und Möglichkeiten zur Partizipation. Da wird der öffentliche Raum von den Bürger*innen in Anspruch genommen und klar an die Politik kommuniziert: dieses und jenes wollen wir (nicht)! Es bewegt sich wirklich was – und das ist gut.
Und wo ist Linz besonders kreativ und unangepasst?
Da würde ich sagen an der Kunstuni, eindeutig. Es gibt einfach immer so viele Ausstellungen und Aktionen der Studierenden. Man kommt mit dem Anschauen gar nicht mehr nach. Und durch den Standort in den Brückenkopfgebäuden gestaltet sie ja den Hauptplatz, das Herz von Linz, aktiv mit. Da hat Unangepasstheit ja auch schon zu großen Debatten geführt. Ich kann mich noch gut an die Aktion von Hito Steyerl 2009 erinnern, wo sie die Fassade vom Hauptplatz 6 teilweise bis zu den Ziegeln abgetragen hat, um auf die NS-Vergangenheit des Gebäudes aufmerksam zu machen. Die Kunstuni ist in vielerlei Hinsicht eine Institution. Gut, dass wir sie haben.
Welche Jungautor*innen aus Linz und Umgebung sollte man aktuell sonst noch kennen?
Ich mag das Wort "Jungautor*in" nicht, verstehe es auch nicht. Ich bin 33, das ist per se nicht mehr jung. Diese Verknüpfung von Alter und Autor*innenschaft finde ich nicht gut. "Jungautor*in" soll ja immer bedeuten: Schreibende, die noch nicht so berühmt sind, dass sie eh schon jede*r kennt. Das kann man doch auch so sagen. Es ist nicht verwerflich, (noch) nicht berühmt zu sein. Ich habe zwei Kolleginnen aus Oberösterreich, denen ich von Herzen (und unabhängig von solchen Markern wie Alter oder Regionalität) wünsche, dass sie schleunigst Sichtbarkeit und Anerkennung für ihre Literatur bekommen: Tamara Imlinger und Magdalena Stammler. Linz (Umgebung) hat überhaupt großartige Schreibende: Renate Silberer, Stephan Roiss, Marianne Jungmaier und viele mehr.
Du bist auf der Suche nach richtig guter Urlaubslektüre: Wo in Linz findest du sie?
Mir hat sehr getaugt, dass die Buchhandlung Fürstelberger im Lockdown Bücher mit einem lokalen Fahrradbot*innendienst ausgeliefert hat. Seitdem kaufe bzw. bestelle ich meine Bücher fast nur noch bei ihnen. Ich mag auch Bücher aus zweiter Hand. Am liebsten kaufe ich die im Arge Trödlerladen in der Bischofstraße. Ist immer eine richtige Schatzsuche, so ein Laden ohne fixes Sortiment. Ich würde mir für Linz noch viel mehr Gelegenheiten für Büchertausch wünschen, z.B. in Form von Büchertelefonzellen.
Der ideale Ort in Linz zum Schreiben?
Der ideale Ort ist da, wo mir etwas einfällt oder auffällt und ich mich kurz setzen kann, um es zu notieren. Ich würde mir daher mehr Sitzgelegenheiten (oder generell Orte) im öffentlichen Raum wünschen, die es ermöglichen, einfach mal ohne Konsumationspflicht gemütlich zu verweilen. Ich arbeite auch gern in Bibliotheken. Da ist die im Wissensturm mein derzeitiger Favorit. Früher habe ich Trubel und Gespräche, die ich mithören konnte, sehr gerne gehabt zum Schreiben und bin oft mit Notizbuch im Café Meier gesessen. Mittlerweile bin ich dafür lieber alleine und mag es still. Ein Blick auf Bäume tut gut dabei.
Wissensturm,
Kärntnerstraße 26,
4020 Linz48.290820, 14.288190+43 732 7070 04 Die perfekte Linzer Location für deine nächste Lesung? Was hat sie, was andere nicht haben?
Ich mag Lesungen, die außerhalb der etablierten Orte stattfinden. Wenn die Literatur sich neue Räume aufmacht. Ich würde wahnsinnig gern mal eine Freiluftlesung im Botanischen Garten machen. Eine Einladung, im Brucknerhaus zu lesen, würde ich natürlich auch nicht ausschlagen.
Du hast neben deinem Studium u.a. als Barkeeperin gearbeitet. Wo in Linz genießt du heute besonders gerne einen guten Drink in geselliger Runde?
Ich mag es nach dem Kino noch im Café Stern oder am OK-Platz hocken zu bleiben. Letzterer hat immer ein bisschen Berlin-Feeling oder Trastevere. Urlaubsassoziationen kann man ja nie genug haben. Ich mag aber auch die Fräulein Florentine, das Extrablatt und das Sputnik. Wobei sich dieses Was-Trinken-Gehen für mich recht aufgehört hat. Ich treffe mich immer noch lieber zum Spazierengehen und werde das wohl beibehalten.
Café-Bar Stern,
Graben 30,
4020 Linz48.304885, 14.288965+43 732 7978871 Ein noch unverplantes Wochenende steht bevor. Wohin in Linz zieht es dich?
Auf unseren Balkon oder in den Garten, größtenteils. Das ist mir die liebste Erholung. Samstagvormittags gehe ich aber auch gerne auf den Flohmarkt am Hauptplatz und danach noch nett in ein Kaffeehaus, in die k.u.k. Hofbäckerei vielleicht oder zu Madame Wu. Oder ins Café Meier – besonders im Sommer, weil ich den Gastgarten so toll finde. Bei Schlechtwetter gehe ich gerne ins Schlossmuseum, ins (Programm)-Kino und hoffentlich ganz bald wieder in die Biesenfeldsauna.
Zeit für einen entspannten Brunch mit Freund*innen: Wo reserviert ihr?
Gar nicht. Den entspanntesten Brunch habe ich zuhause am Balkon, wenn ich noch in der Pyjamahose bleiben und danach wieder zu meinem Buch ins Bett gehen darf.