Insider Linz: Patrick Bartos

Linz selbst ist brandneu auf der Städtetourismuslandkarte und „beyond hip“: Das ist hier keine Kategorie mehr, wenn es denn je eine war. 

Ich war drei Jahre im Ruhrgebiet für "RUHR.2010 Kulturhauptstadt Europas" tätig. Dort fühlt man den Phantomschmerz. Dass die Industriestätten ihre Funktion und ihre Identität verloren haben. Das gibt es in ganz Europa, auch in Bilbao zum Beispiel. In Linz hatte ich das erste Mal das Erlebnis der arbeitenden Industrie, im Voest-Werk. Das lebt, da schlägt der Pulsschlag aus Stahl, das hat eine eigene, gewaltige Schönheit. In der Stahlwelt bekommt man einen guten Eindruck davon.

Die ehemalige Tabakfabrik wurde vor ein paar Jahren geschlossen und ist jetzt gerade in diesem einmaligen Zwischenstadium, wo noch nicht alles durchgeplant ist und vieles geht. Man kann durch diese 1920er-Industrie-Gänge auf- und abgehen, man kommt um die Ecke und dort werden gerade Open Design-Möbel gezimmert. Nicht weit davon wird ein Tretauto-Ferrari gebaut und an den verschiedensten Stellen wird gerade etwas für Veranstaltungen aufgebaut. Man wartet dann vielleicht ein wenig bis zum Abend, und dann laufen auf einmal konzeptionell völlig unterschiedliche kreative Veranstaltungen in unterschiedlichen Teilen der Fabrik - ein Konzert, eine Ausstellungseröffnung, eine Preisverleihung oder eine Veranstaltung der Creative Region. Und alles ist getreten voll mit Leuten.

Schon allein weil die Kunstuni ganz zentral dort sitzt (Hauptplatz 8), ist Linz das kreative Zentrum. Innerhalb von Linz gibt es eher psychogeografische Flecken als ein einziges Zentrum. Der Ars Electronica-Komplex, das OÖ Kulturquartier (OK Platz 1) und die Tabakfabrik (Peter-Behrens-Platz 11/Ludlgasse 19) haben die kreative Dichte. Psychogeografische Feinspitze sollten sich aber auch einmal ins quitch an der Donaulände (Untere Donaulände 10), in die Marienstraße, ins Neustadtviertel oder in den Hafen treiben lassen!

Beim Wirt am Graben, Donauwirtinnen (Webergasse 2) und Spirali. Einmal die Mühlviertler Knödel-Variation beim Wirt am Graben probiert, möchte man nie mehr aus Linz weg. Bombay Palace ist ein sensationelles indisches Restaurant (Goethestraße 34) – besser als in der gesamten Brick Lane - kein Scherz! Und der holländische Eisdieler an der Promenade 9 hat ein gutes Konzept und feines Eis.

Die Pixelhotel-Idee stammt noch vom Kulturhauptstadtjahr und ist nach wie vor konzeptionell wie inhaltlich sehr gelungen.

Beim Flohmarkt im Hafen, wenn die Fläche vorm Kino dabei ist. Das ist jedes zweite Wochenende im Sommer.

Unser Kind ist jetzt gerade einmal drei Monate alt und noch etwas zu klein. Aber Linz für und mit Kind zu entdecken, wird eine Sache, die unmittelbar vor uns liegt und auf die wir uns schon sehr freuen. Wir werden sicher bald in die Grottenbahn am Pöstlingberg Zwergerl schnäuzen gehen.