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Insider Wachau: Albert Hosp
Glatt&Verkehrt
Hörern von Radio Ö1 ist Albert Hosps Stimme bestimmt vertraut. Genießer von Musik aus aller Welt schätzen ihn als Kurator des Glatt&Verkehrt-Festivals in Krems.
Nicht wenige Besucher reisen jährlich extra zum Festival an. Welche Veränderungen und Neuerungen in der Region sind Ihnen zuletzt ins Auge gestochen?
Auf jeden Fall hat sich die gesamte Region in den letzten zwanzig Jahren gewaltig geöffnet - sowohl was Kunst und Kultur als auch hochqualitative Kulinarik betrifft. Bei Letzterer bin ich allerdings ganz sicher kein Experte. Jedenfalls hat Glatt&Verkehrt da ein bisschen mithelfen dürfen, ist aber gleichzeitig auch Nutznießer dieser Öffnung. Was jedoch immer zu beachten ist: Welche Menschen können sich die Ergebnisse auch leisten? Wir müssen uns immer wieder fragen, ob wir bloß elitäre Trends schaffen oder doch eine Kultur, deren Eintrittspreise ein Publikum aus allen Gesellschaftsschichten zulassen.
Welche Orte des Genusses schätzen Sie?
Da fällt mir als Erstes das Gasthaus Salzstadl in Stein ein: ein Beispiel für leistbares Essen und Trinken, das keiner Mode verschrieben ist und zeitlos gut schmeckt. Wenn ich dann geschwind ans andere Ende der Wachau reisen darf: Das Stift Melk ist mir einfach als Ganzes in seinem ungeheuren Reichtum an gelebter Geschichte ans Herz gewachsen, und zwar weit über den religiösen Aspekt hinaus. Aber natürlich ist auch der Hof der Winzer Krems ein Ort, den ich nicht missen möchte. In ihm schlägt, seit Anfang an, das Herz von „Glatt&Verkehrt“. Er bietet gleichzeitig idyllische Freiluft-Atmosphäre und die konzentrierte Stimmung eines Konzertsaales. Dass sich ein unterm Jahr so schlichter, gepflasteter Hof für 5 Tage zu einem der besten Open-Air-Orte weit und breit verwandelt, ist für mich nach wie vor ein kleines Wunder.
Neben der Sandgrube bespielt das Festival auch historische Gebäude wie das Stift Göttweig. Welche historischen Architekturen schätzen Sie?
Ich bin zunächst ein Anhänger von allem, was alt ist - das klingt jetzt vielleicht banal, aber lassen Sie es mich so beschreiben: Dort, wo Menschen seit Jahrhunderten leben und sich kulturell betätigen (das geht vom Musizieren über die Architektur bis zum Weinbau), entsteht Atmosphäre, herrscht ein kreativer Geist! Und das trifft man hier fast überall an, vom Klangraum Krems bis überhaupt der ganzen Altstadt von Stein, bis zu unzähligen Orten, die wir noch nicht bespielt haben, etwa die großartige Wehrkirche in St. Michael.
Wehrkirche in St. Michael
Wachaustraße 262
3610 Weißenkirchen
+43 2715 2232
info@weissenkirchen-wachau.at
Glatt&Verkehrt verbindet Traditionelles mit Zeitgenössischem. Patrick Pulsinger traf hier etwa auf Lucía Pulido. Wo präsentiert sich die Region modern?
Ich würde gerne das Wort „zeitgenössisch“ verwenden. Und das trifft man natürlich etwa auf der Kunstmeile Krems - inklusive der ziemlich speziellen Lage der Künstler-Wohnungen gleich gegenüber der Strafanstalt in Stein! Aber die Funktion der Kunstmeile liegt auf der Hand. Ebenso zeitgenössische und zeitgemäße Impulse lassen sich freilich in vielen, buchstäblich hunderten kleinen und kleinsten Dingen finden, die die Menschen in der Wachau ermöglichen: Da ein besonders avancierter Ofensetzer, dort ein älteres Ehepaar, das in seinem kleinen Geschäft über 100 Kaffeesorten anbietet; von emsigen Patres mancher Stifte, ohne die kulturelle Ödnis herrschen würde, bis zu den Musikerinnen in Blasmusik und Chören, die sich zu mutigen, genre-übergreifenden Projekten bereiterklären (von den unzähligen Neuerungen auf önologischem Gebiet ganz zu schweigen, aber da bin ich auch bei Weitem kein Experte).
Ö1-Hörer kennen Sie als Journalist und vor allem als passionierten Musik-Connoisseur. Wo in Krems haben Sie abseits des Festivals musikalische Entdeckungen gemacht?
Da muss ich ein wenig die Kollegen von der Noe-Festival-GmbH ins Scheinwerferlicht bitten, die ja auch das Donaufestival oder auch das wundervolle, außergewöhnlich programmierte Oster-Festival „Imago Dei“ abhalten, in einer der allerschönsten Kirchen der Gegend - dem Klangraum Krems. Doch in Krems gibt es ja etwa auch die Ritter-von-Köchel-Gesellschaft, die Internationale Chorakademie und vieles mehr!
In welche Gaststätte bringen Sie Ihre Künstler gerne?
Das hängt zunächst von deren Forderungen ab - wenn Luxus verlangt wird, und wir die Band auch wirklich wollen, dann bringen wir sie dementsprechend unter. Wenn es um ein gutes, bodenständiges Essen geht, dann ist einmal noch der Salzstadl eine gute Adresse, aber etwa auch die idyllisch im Wald oberhalb Dürnsteins gelegene Fesslhütte. Natürlich stehen auch bewährte Namen wie Klinglhuber oder Steigenberger immer wieder auf der Liste unserer „Herbergen“.
Haben Sie ein Weingut, das Sie besonders schätzen?
Den Nikolaihof in Mautern! Allerdings nicht nur wegen des biologischen Weines (solcher wird ja in der Gegend mittlerweile vielerorts in hervorragender Qualität angeboten), sondern auch wegen seines wunderschönen und vergleichsweise sehr günstigen Gästehauses. Überhaupt bin ich ein absoluter Laie, wenngleich ein glücklicher, des freilich maßvollen Weintrinkens.
Wo in Krems nächtigen Sie persönlich gerne?
Einmal habe ich mir und meiner Familie den - vergleichsweise sehr leistbaren - Luxus einer Ferienwohnung beim Hutter am Weinzierlberg gegönnt, ein anderes Mal durfte es die „Suite“ (klingt teuer, ist sie aber nicht) im Hotel „Goldener Engel“ sein. Abgesehen von diesen Seitensprüngen ist es seit Jahr und Tag: der Salzstadl! Zwei Zimmer, weder TV noch Telefon, dafür dicke mittelalterliche Mauern, die die Sommerhitze souverän abfedern.
Auf der Rückfahrt nach Wien: Wo in der Wachau halten Sie dann doch nochmals an?
Ich fahre von Krems nach Wien, also leider nie durch die Wachau nach Hause. Es ist uns aber auch auf diesem Weg immer wieder passiert, dass abseits der Schnellstraße, in der Ferne ein vielversprechendes Gebäude, egal ob Kapelle oder Gasthof, ins Auge fiel, sodass wir abbiegen wollten, um uns das näher anzusehen. Meistens jedoch sind meine Kinder daran interessiert, möglichst direkt nach Hause zu gelangen, und dann haben meine Frau und ich die Sache doch wieder verschoben.